Schnorchel

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DT125 Schnorchel

Der Gummi-Ansaugstutzen der DT unter der Sitzbank, im Jargon auch „Schnorchel“ genannt, dient als Luftzuführung in den Luftfilterkasten und zum Luftfilter. Seine Aufgabe ist es, die vom Motor benötigte Verbrennungsluft in geeignetem Maß und an geeigneter Stelle anzusaugen und möglichst sauber und verlustfrei ins Innere zu leiten, damit diese von Luftfilter und Vergaser aufbereitet werden kann. Gleichzeitig bringt er das Ansauggeräusch des Motors auf ein klangschönes und erträgliches Niveau. Er funktioniert im Prinzip ähnlich einem dB-Killer in einer Auspuffanlage. Viele DT-Fahrer entfernen nun den Schnorchel, entweder um das Ansauggeräusch zu verbessern (wie sie meinen) und/oder die maximal mögliche Luftzufuhr in den Ansaugtrakt zu erhöhen um auf diese Art mehr Leistung erreichen zu können. Sehr oft sind sie der Auffassung, dass durch eine größere Einlassöffnung auch mehr Verbrennungsluft strömen und angesogen werden kann - doch weit gefehlt! Obwohl man an dieser Stelle über eine Verbesserung der Akustik noch streiten kann, begrenzt der Schnorchel die maximale Leistung der DT nicht im Geringsten, wie im folgenden Beitrag anhand einer Rechnung bewiesen werden soll. Sämtliche Formeln, Abbildungen und Zusammenhänge sind hier nicht etwa neu erarbeitet, sondern seit langem wissenschaftlich belegt und in zahlreichen Quellen auffindbar. Es wurde Wert darauf gelegt, die einzelnen Abschnitte geeignet zu erklären, bitte lasst euch von dem ein oder anderen Fachbegriff auch nicht abschrecken. Wichtige Erkenntnisse sind rot markiert!


Massenstrom

Will man in korrekter Weise die Ansaugöffnung eines Motorrades o.ä. nachrechnen muss man zuerst wissen, wie groß in etwa der maximale Massenstrom ist, den der Verbrennungsmotor verbrauchen kann (in Tuning-Büchern auch oft „Luftaufwand“). Man rechnet hier bewusst idealisiert (d.h. an geeigneten Stellen vereinfacht), erstens um die Rechnung überschaubar zu halten und zweitens immer mit einer Sicherheit, um im Zweifelsfall (d.h. bei ungünstigen Umgebungsbedingungen die man womöglich schlecht kontrollieren kann) die errechneten Anforderungen trotzdem noch in einem absolut ausreichenden Maß zu erfüllen. Man rechnet sich zunächst ganz einfach den maximalen Massenstrom, den der Kolbenmotor ansaugen kann mit folgender Formel aus:


Dabei ist zu beachten, dass die einzelnen Faktoren in den richtigen Einheiten eingesetzt werden. Diese sind jeweils in den eckigen Klammern angegeben. Die Faktoren hierbei sind:

ṁ: maximaler Massenstrom Kolbenmotor [kg/s]
V_h: Hubraum [m³]
ρ: idealisierte Luftdichte 1,2 [kg/m³] = const.
n: maximale Drehzahl [1/s]
z: Anzahl der Zylinder [-]
x: Taktzahl (1 [-] für 2Takter, 0.5[-] für 4Takter

Die Beispielrechnung soll für den Minarelli 4BL Motor der Yamaha DT125 mit 125cm³ Hubraum erfolgen. Man müsste also eigentlich 0,000125m³ als V_h einsetzen. Da es bei der DT aber zahlreiche Motorumbauten und Zylinder-Kits mit beträchtlicher Hubraumvergrößerung gibt, könnte man an dieser Stelle auch gleich die erste Sicherheit einbauen und etwas mehr Hubraum annehmen. Beispielsweise anstatt 125cm³ lieber 135cm³, oder anstatt 170cm³ lieber 180cm³, oder anstatt 185cm³ lieber 200cm³, oder wir gehen einfach ganz af Nummer sicher und nehmen einfach 350cm³ als Hubraum an. Soviel wird wahrscheinlich niemand mit der DT jemals erreichen und wir sind absolut auf der sicheren Seite, haben also schon mal eine gehörige Sicherheit, dass die Ansaugöffnung nicht zu klein wird:


ρ ist die idealisierte Dichte von Luft, bei 20°C. Diese wird in der Strömungsmechanik zur Vereinfachung oft als Konstante angenommen und eingesetzt. Den Vorteil daraus sehen wir gleich:


Bei der maximal erreichbaren Drehzahl n ist eigentlich nur auf die richtige Einheit zu achten, jedoch kann man auch hier wieder eine Sicherheit einbauen. Gewöhnlich dreht ein DT-Motor kaum über 10000 Umdrehungen in der Minute, wir können aber auch hier zur Sicherheit ruhig 13000 Umdrehungen pro Minute annehmen:


Der Faktor z, Anzahl der Zylinder ist denke ich selbsterklärend:


Die Taktzahl ist in unserem Fall auch nicht weiter wichtig, da der Einzylinder Zweitakt-Motor bei jeder Kurbelwellenumdrehung einmal sein Hubvolumen mit Verbrennungsluft füllt. Der Anteil an Ottokraftstoff von 0,05% den der Vergaser beimischt wird der Einfachheit halber auch wieder vernachlässigt und wir bekommen erneut eine Sicherheit gegen zu kleine Auslegung:


Setzt man alle Werte in oben genannte Formel ein, so ergibt sich der maximale Massenstrom zu:


Bei dieser Formel erkennt man alle Faktoren, die primär den Massenstrom und damit auch die Leistung eines Verbrennungsmotors bestimmen – Hubraum, Dichte (Turbolader), Drehzahl, Taktzahl. Und eben NICHT die Größe des Ansaugquerschnitts!

Massenerhaltung

Als nächstes braucht man folgende Formel zur Massenerhaltung:


ṁ: Massenstrom [kg/s]
A: Flächenquerschnitt des Strömungskanals [m²]
v: Strömungsgeschwindigkeit senkrecht zum Querschnitt [m/s]
ρ: idealisierte Luftdichte 1,2 [kg/m³] = const.

Sie besagt ganz einfach wenn in einem strömungsmechanischem System ein Fluid (Luft, Wasser, Öl, Benzin, Blut, …) fließt, keine Masse (des Fluids) verloren geht. Auf Deutsch: Was ich oben in ne Rohrleitung rein kippe, kommt auch unten wieder raus:


Jetzt kürzen sich die Dichten ρ_1und ρ_2 aus der Gleichung weg, weil wir die Dichte weiter oben als konstant angenommen haben und sie aufgrund dessen gleich sind - übrig bleibt:


Bzw. nach weiterem Umformen erkennt man, dass sich in einem strömungsmechanischen System die Geschwindigkeiten umgekehrt proportional zu den durchströmten Querschnitten verhalten:


Sprich: Bei großem Querschnitt, werde ich immer kleine Strömungsgeschwindigkeiten haben und bei geringem Querschnitt werde ich immer hohe Strömungsgeschwindigkeiten haben! Den ganzen Ansaugweg der DT entlang - Schnorchel, Airbox, Verbindungsgummi, Vergaser, ASS, Membrane, KW-Gehäuse, Überströmer, das ist das Prinzip von Venturi!
Das dieser Sachverhalt richtig ermittelt wurde, merkt man z.B. im Sandkasten bei einer Wassermühle. → Anhang

Bernoulli

Das brauchen wir jetzt nur noch mit der Bernoulli-Gleichung kombinieren. Von der gibt es verschiedene Formen, wir benutzen die Druckform. Hier sind vor allem die unterschiedlichen Partialdrücke ganz interessant, sie führen auch im Vergaser oder Zweitakt-Auspuff zum Erfolg:


h: hydrostatische Höhe [m]
g: Erdbeschleunigung 9,81 [m/s²]
ρ/2 v²: dynamischer Druck [N/mm²]
p: statischer Druck [N/mm²]
ρgh: hydrostatischer Druck [N/mm²]

Weiter geht wieder von Zustand 1 zu Zustand 2 nichts verloren bzw. es gilt wieder:

Mit heraus gekürztem hydrostatischem Druck:

(der interessiert hier nicht, da wir uns idealisiert auf Meereshöhe h = 0 befinden): Und heraus gekürzter Dichte ergibt sich zum Abschluss:


Das bedeutet praktisch v² ist immer noch der dynamische Druck, p der statische. Diese zwei halten sich nun immer die Waage, d.h. ruht ein Fluid, ist der dynamische Druck gleich Null (weil v = 0), sämtlicher Druck der herrscht, muss also statischer Druck sein! Sobald aber ein Fluid in Bewegung ist (v ≠ 0), entsteht parallel dazu auch dynamischer Druck (Bewegungsdruck)! Beide liegen dann in einem bestimmten Verhältnis zueinander vor. Deren Summe bleibt aber immer gleich - das bedeutet:

hohe Geschwindigkeit → niedriger statischer Druck
niedrige Geschwindigkeit → hoher statischer Druck


Und der statische Druck ist letztendlich der Partialdruck der für die Motorleistung bzw. Zylinderfüllung bzw. den Lastzustand interessant ist. Er wird in Büchern zum Motoren-Tuning auch oft Luft-Mitteldruck genannt. Eine Drosselung des Massenstroms setzt ein, wenn an einer Engstelle dieser Partialdruck ein kritisches Verhältnis erreicht.

Kritisches Druckverhältnis

Dieses Verhältnis ist nun maßgeblich dafür verantwortlich, ab wann bei einer Verengung (Drosselstelle) der durchfließende Luftmassenstrom nicht mehr gesteigert werden kann.

Es gilt also umgestellt:



Mit Umgebungsdruck:


Dieser kritische Druck ist nun praktisch der statische Partialdruck in der Bernoulli-Gleichung:


Mit: (Da in der Umgebung keine Geschwindigkeit herrscht)
Das bedeutet:


Also erst wenn diese Geschwindigkeit im Schnorchel-Querschnitt anliegt, tritt durch diesen eine Drosselung auf! Und diese Geschwindigkeit tritt auf bei 350cm³, einer Drehzahl von 13000Umdrehungen pro Minute und einem Schnorchel-Querschnitt von (Formel Massenerhaltung s.o.)


(Einheiten stimmen hier, da wie vorhin die Dichte gekürzt haben) Das entspricht letzten Endes einem kreisrunden Durchlass mit dem Durchmesser D = 2,3cm


Fazit

Diesen Querschnitt plus nochmals eine Sicherheit besitzt auch der originale Ansaugstutzen der DT und muss deshalb nicht vergrößert werden! Er saugt also selbst für die größten Hubraum- und Drehzahl-Umbauten und mit einer großen Sicherheit jederzeit genügend Luftmasse an, ohne dass der Motor in irgendeiner Weise durch den Schnorchel gedrosselt wird! Auch die 90° Krümmung des Schnorchels ist aufgrund der großzugigen Auslegung und der daraus anliegenden Geschwindigkeiten im Kanal absolut unkritisch und erzeugt nur sehr gering, bis gar keinen Druckverlust! Jeder kann nun (wie oben vorgerechnet) seine eigenen Werte für Hubraum und Drehzahl in die jeweiligen Formeln einsetzen und für seine eigene DT ermitteln, wie viel Sicherheit bis zu einer Drosselung durch den Schnorchel bleibt - es wird in jeden Fall absolut ausreichend sein! Schnorchel abbauen, Loch vergrößern, zusätzliche Löcher bohren, oder auch die ovalen Twin-Air-Öffnungen aus dem Zubehör für größere Maschinen sind also absolut für’n Arsch und Assituning! Nicht zu empfehlen ist es außerdem, weil sich mit jeder Vergrößerung des Ansaugquerschnittes auch unmittelbar oben genannte Partialdrücke in Airbox, Haupt- und Düsenkanal ändern (verschlechtern!) und somit auch der spezifischen Kraftstoffverbrauch der Maschine erhöht wird. Größere Düsen werden nötig, denn auch der Vergaser arbeitet nach dem Prinzip von Bernoulli und Venturi.

Anhang

Bei einer Wassermühle fließt aus dem Trichter immer ein konstanter Wasserstrom heraus. Ist der rote Trichter bis oben gefüllt (Wasserpegel hat großen Querschnitt), sinkt der Wasserpegel langsam. Ist der Trichter beinahe leer (Wasserpegel hat geringen Querschnitt), sinkt der Wasserpegel schnell.


Recherche, Text: Stevemckream